Text: Verena Gamper
Foto: Sandra Kosel
Wie lesen wir Bilder? Wie muss ein (bewegtes) Bild aufgebaut sein, um einen bestimmten Inhalt zu transportieren? Wie transparent sind die Medien Fotografie und Film, für wie wahrhaftig halten wir ihre Inhalte? Wie werden Inkongruenzen zwischen Bildern und den von ihnen erzählten Geschichten aufgezeigt? In The Grammar of the Image trifft der in Wien lebende Künstler Bernhard Hosa auf das medienpolitisch und bildregimekritisch arbeitende Künstler_innenpaar Isidora Ilić und Boško Prostran aka Doplgenger aus Belgrad.
Doplgenger artikulieren in ihrer Arbeit Kritik an herrschenden Bildregimen, indem sie filmisches Material dekonstruieren und aus den Fragmenten neue, dem ursprünglichen Stoff nur potenziell inhärente Aussagen gewinnen. Ausgangsmaterial sind meist dokumentarische Aufzeichnungen von politischen Begebenheiten oder aber fiktionales, vordergründig unpolitisches Filmmaterial wie TV-Serien, denen ihre Relevanz innerhalb der Geschichte Jugoslawiens gemein ist. Doplgenger wenden für ihre Medienanalyse verschiedene metamorphotische Techniken an, um die Künstlichkeit filmischer Dokumentation offen- und die Grammatik des Filmbildes freizulegen. So wird durch die Analyse filmdramaturgischer Mittel das Fiktive des vermeintlich Dokumentarischen und vice versa aufgezeigt und die ursprüngliche Intention als medial codiertes und oftmals manipulatives Szenario enttarnt.
Bernhard Hosa geht in seiner Portraitserie Auf der Suche nach dem richtigen Bild methodisch ähnlich vor. Die Bildlogik der als „mugshots“ bekannten Frontal- und Profilansichten vermeintlicher Verbrecher, die Neutralität und Wissenschaftlichkeit suggerieren sollen, bricht Hosa durch die physische Entnahme jener Elemente, welche Portraits erst zu Portraits machen: In seinen Abbildungen sind Augen, Nasen, Wangen und Münder eliminiert, und die verbleibenden, rahmenden Elemente eines Gesichts sind mittels Klammernähten zusammengefügt. Die Brutalität dieses Verfahrens am Bild spiegelt dabei weniger die Fratze des Bösen, die aus den Fotografien lachen würde, sondern legt vielmehr das verführerische, pseudo-wissenschaftliche und irreführende Versprechen des fotografischen Abbildes offen.
In der Ausstellung antworten Bernhard Hosas Portraits kontrapunktisch auf Doplgengers Installation BENEATH A STARLESS SKY AS DARK AND THICK AS INK, in der sie sich mit dem Beziehungsgeflecht von Arbeit, Krieg und Wirtschaft als zentralem Topos in Jugoslawiens Geschichte auseinandersetzen und dessen Auswirkungen der ökonomisch bedingten Migration sie anhand von archivalischem Filmmaterial offenlegen. Sowohl in Bernhard Hosas wie auch in Doplgengers Arbeiten wird die Kritik am Bild- mit jener am Blickregime verbunden, und die Notwendigkeit einer reflektierten wie kritischen Auseinandersetzung mit medialen Bildern aufgezeigt.
Das Kooperationsprojekt wird gefördert mit Mitteln der:
Abteilung Kunst und Kultur – Land Niederösterreich
Stadt Wien – MA7
Bundeskanzleramt
sowie des Ministeriums für Kultur
und Information der Republik Serbien
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